Initiative gegen Bullying in der Schule: Was ist das und wer sind wir?

Wir sind eine Gruppe praxisorientierter Wissenschaftler der Universität Bonn, die sich am Institut für Psychologie mit der Erforschung von Bullying (siehe Bild) und der Umsetzung von Präventions- und Interventionsmaßnahmen beschäftigen.

Der Begriff „Bullying“ wird im Deutschen am besten mit Schikanieren oder Drangsalieren übersetzt. In der Schule zeigt sich Bullying so, dass einzelne oder Gruppen von Schülerinnen und Schülern immer wieder von anderen Schülerinnen und Schülern systematisch fertig gemacht werden. Hiervon ist in ihrer Schullaufbahn eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern betroffen. Insofern stellt der Umgang mit Bullying eine zentrale Herausforderung für das soziale Miteinander in der Schule dar.

Unser Ziel ist gleichermaßen theoretisch wie praktisch: Wir wollen sowohl Bullying als Phänomen empirisch untersuchen als auch helfen, Bullying in der Schule entgegen zu wirken.

Erhebung

Bullying

Bullying wird im Deutschen am besten mit Schikanieren oder Drangsalieren (Schäfer, 1996, Richter, Bowles, Melzer & Hurrelmann, 2007) übersetzt und bezeichnet eine spezifische Form von Gewalt, also der absichtsvollen Schädigung einer anderen Person, bei der im Prozess der sozialen Interaktion zwischen Menschen eine schwächere Person (bzw. Personengruppe) wiederholt Gewalt durch eine stärkere Person (bzw. Personengruppe) ausgesetzt ist (nach Olweus, 1991). Insofern ist Bullying durch drei Merkmale gekennzeichnet:

•  Kräfteungleichgewicht von Opfern und Tätern (imbalance of power)
•  absichtsvolles Verhalten der Täter (intentional acts)
•  wiederholte Gewaltakte im Zeitverlauf (repeated over time)

Dabei kann die Gewalt, welche bei Bullying auftritt, hinsichtlich ihrer Frequenz (selten – häufig), Intensität (schwach – stark), Modalität (reell – virtuell; bei virtueller Gewalt wird von Cyberbullying gesprochen; Riebel, 2008), Form (physisch – z. B. Schlagen, psychisch – z. B. Einschüchtern, verbal – z. B. Beleidigungen, sozial – z. B. Ausgrenzen, sexualisiert – z. B. sexuelle Nötigung) und der Konstellation der betroffenen Personen (Eintäter / Tätergruppen bzw. Einzelopfer / Opfergruppen) sehr unterschiedlich ausfallen.

In der Schule ist Bullying besonders problematisch, da von wiederholter Gewalt betroffene Schülerinnen / Schüler den Lebensraum der Schule bzw. der Schulklasse nicht ohne Weiteres verlassen können. So können die Folgen von Bullying, wenn Opfer über Monate und Jahre immer wieder schikaniert werden, bis zum Suizid („Bullycide“, Scheithauer, Hayer & Petermann, 2003) reichen. Aber auch weniger dramatische Reaktionen auf und Konsequenzen von Bullying sind für Schülerinnen und Schüler, die von Bullying betroffen sind, oft schwerwiegend und dürfen nicht unterschätzt werden. So treten Beschwerden wie Schlafprobleme, Müdigkeit, Kopfweh und Angstsymptome, insbesondere aber Bauch- und Kopfschmerzen, bei Opfern von Bullying gehäuft auf. Auch führen die wiederholten, andauernden negativen Erfahrungen vielfach zu einem Gefühl der Wert- und Hilflosigkeit, das in einem geringen Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl resultiert (Alsaker, 2006). Weiterhin kommt es oft vor, dass Opfer Unkonzentriertheit, Leistungsabfall und Schulunlust zeigen sowie Isolation und depressive Gefühle empfinden (Kochenderfer & Ladd, 1996; Smith & Sharp, 1994; Slee, 1995). Mittel- bis langfristig sind neben verstärkten Suizidgedanken auch erhöhte Depressionsraten und Ängstlichkeit (Olweus, 1991; Craig, 1998; Alsaker, 2006) sowie ein erhöhtes Risiko selbstverletztender Verhaltensweisen (Jantzer, Haffner, Parzer & Resch, 2012) Folgen von Bullying-Erfahrung. Auch im Erwachsenenalter zeigen sich die Folgen von Bullying noch in einem verringerten Selbstwertgefühl und einer depressiven Anfälligkeit (Olweus, 1993; Rigby & Slee, 1991). Aber auch für Täter sind die mittel- bis langfristigen Folgen von Bullying durchgehend negativ. So weisen Täter unabhängig vom Geschlecht erhöhte Prävalenzen des Tabak- und Alkoholkonsums auf. Das Risiko einer Depression oder eines negativen Selbstwertgefühls ist ebenso erhöht (Olweus, 2008). Verschiedene Studien bestätigen zudem eine erhöhte Delinquenz im späteren Entwicklungsverlauf von Tätern (Olweus, 2008). Langfristig ergeben sich für Täter auch zunehmende Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen und Partnerschaften. Obwohl sie frühzeitig Beziehungen mit Gleichaltrigen eingehen, sind diese Partnerschaften wenig emotional und unterstützend (Connolly, Pepler, Craig & Taradash, 2000). Ähnlich wie die Opfer weisen auch die Täter ein erhöhtes Suizidrisiko auf (Kaltiala-Heino, Rimpelä, Marttunen, Rimpelä & Rantanen, 1999).

Verschärft wird die Bullying-Problematik dadurch, dass es selbst für engagierte Lehrerinnen und Lehrer schwierig ist Bullying zu erkennen. So sind Formen sozialer Gewalt wie das Ausgrenzen von Mitschülern oder virtuelle Gewalt wie Beleidigungen via Facebook oder schülerVZ für Lehrkräfte kaum zu bemerken. Selbst für die Opfer erfolgen die Angriffe aus dem Verbogenen und die eigentlichen Täter sind durch die Anonymität der Gruppe oder des Internets geschützt. Erschwerend kommt hinzu, dass Täter oft an Orten wie dem Schulhof oder auf Schulfluren Gewalt ausüben, an denen sie weitgehend unbeobachtet sind (Scheithauer, Hayer & Petermann, 2003), und dass Lehrkräfte oft nur scheinbar unverbundene Sequenzen des Bullying-Prozesses wahrnehmen (Alsaker, 2003). Viele Lehrerinnen und Lehrer sind aber auch schlecht ausgebildet für den Umgang mit Gewalt in der Schule im Allgemeinen und Bullying im Speziellen (Jannan, 2010). Generell neigen Lehrkräfte aber dazu, Bullying als Problematik in ihren Klassen zu unterschätzen (Pervin & Turner, 1994; Schäfer, 1998).

Neben Schülerinnen und Schülern, die bei Bullying als Täter oder Opfer auftreten, ist es wichtig, weitere Rollen im Bullying-Prozess zu berücksichtigen. Salmivalli et al. (1996) unterschieden neben Tätern und Opfern noch Assistenten, Verstärker, Verteidiger und Außenstehende. Assistenten unterstützen die Täter, indem sie z. B. bei physischer Gewalt Opfer festhalten. Verstärker greifen nicht direkt gewalttätig ein, feuern aber Täter an und erhöhen so Intensität und Frequenz der Gewalt im Bullying-Prozess. Außenstehende sind solche Schülerinnen und Schüler, die Bullying-Situationen meiden und sich in entsprechende Konflikte nicht einzumischen versuchen – auf Täter wirkt diese stillschweigende Akzeptanz verstärkend (Kulis, 2005). Verteidiger stehen dem Opfer bei, indem sie Tätern entgegen treten, Hilfe holen oder auch das Opfer trösten. Eine gute Veranschaulichung bietet folgende Graphik (Initiative gegen Bullying, in Vorbereitung):

Grafik

Vor dem Hintergrund dieser Rollenkonstellation im Bullying-Prozess interessiert uns zum einen aus Forschungsperspektive, wie häufig entsprechendes Rollenverhalten in Schulklassen unterschiedlicher Schulformen vorzufinden ist, was die Übernahme dieser Rollen beeinflusst und welche Folgen die Einnahme entsprechender Rollen hat. Aus einer Praxisperspektive sind wir zum anderen daran interessiert Präventions- und Interventionsmaßnahmen umzusetzen, die dazu beitragen, dass Bullying vermieden wird und Schülerinnen und Schüler lernen sozial kompetent miteinander umzugehen.

Mehr über unsere bisherigen Forschungsergebnisse können sie unserer Publikation „Bullying als Gruppenphänomen. Eine empirische Analyse im Schulformvergleich“, die demnächst im Logos Verlag erscheinen wird, entnehmen. Über unsere praktische Arbeit können Sie mehr durch unsere Projektberichte erfahren. Schließlich sind folgende Quellen sinnvoll, um sich näher über Bullying zu informieren:

  • Alsaker, F.D. (2006). Psychische Folgen von Mobbing. In H.-C. Steinhausen (Hrsg.), Schule und psychische Störungen (S. 38-51). Stuttgart: W. Kohlhammer.
  • Connolly, J., Pepler, D., Craig, W. & Taradash, A. (2000). Dating experiences of bullies in early adolescence. Child Maltreatment, 5, 299-310.
  • Craig, W.M. (1998). The relationship among bullying, victimization, depression, anxiety, and aggression in elementary school children. Personality and Individual Differences, 24, 123-130.
  • Jannan, M. (2010). Das Anti-Mobbing-Buch: Gewalt an der Schule - vorbeugen, erkennen, handeln. 3. Aufl. Weinheim: Beltz.
  • Jantzer, V., Haffner, J., Parzer, P. & Resch, F. (2012). Opfer von Bullying in der Schule. Depressivität, Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten bei deutschen Jugendlichen. Kindheit und Entwicklung, 21, 40-46.
  • Kaltiala-Heino, R., Rimpelä, M., Marttunen, M., Rimpelä, A. & Rantanen, P. (1999). Bullying, depression, and suicidal ideation in Finnish adolescents: School survey. British Medical Journal, 319, 348-351.
  • Kochenderfer, B.J. & Ladd, G.W. (1996b). Peer victimization: Manifestations and relations to school adjustment in kindergarten. Journal of School Psychology, 34, 267-283.
  • Kulis, M. (2005). Bullying unter Schülern: Der Beitrag der Mitschüler für die Stabilisierung von Bullying. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität, München.
  • Olweus, D. (1991). Bullying/Victim Problems Among Schoolchildren: Basic Facts and Effects of a School Based Intervention Program. In D. J. Pepler & K. H. Rubin (Hrsg.), The development and treatment of childhood aggression (S. 411-448). Hillsdale, NJ: Erlbaum.
  • Olweus, D. (1993). Bullying at school. What we know and what we can do. Oxford: Blackwell.
  • Olweus, D. (2008). Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten -und tun können. 4. Auflage. Bern: Huber.
  • Pervin, K.& Turner, A. (1994). An investigation into staff and pupils knowledge, attitudes and beliefs towards bullying in an inner city school. Pastoral Care in Education, 12, 16-21.
  • Richter, M., Bowles, D., Melzer, W. & Hurrelmann, K. (2007). Bullying, psychosoziale Gesundheit und Risikoverhalten im Jugendalter. Gesundheitswesen, 69, 457-482.
  • Riebel, J. (2008). Spotten, Schimpfen, Schlagen ... Gewalt unter Schülern - bullying und cyberbullying. Landau: Verlag Empirische Pädagogik.
  • Rigby, K. & Slee, P.T. (1991). Bullying among Australian school children: Reported behavior and attitudes towards victims. Journal of Social Psychology, 131, 615-627.
  • Salmivalli, C. (2010). Bullying and the peer group: A review. Aggression and Violent Behavior, 15, 112-120.
  • Schäfer, M. (1996). Aggression unter Schülern. Eine Bestandsaufnahme über das Schikanieren in der Schule am Beispiel der 6. Und 8. Klassenstufe. Report Psychologie, 21, 700-711.
  • Schäfer, M. (1997). Verschiedenartige Perspektiven von Bullying. Empirische Pädagodik, Zeitschrift zu Theorie und Praxis erziehungswissenschaftlicher Forschung, 11 (3), 369-383.
  • Schäfer, M. (1998). Gruppenzwang als Ursache für Bullying?. Report Psychologie, 11-12, 914-927.
  • Scheithauer, H., Hayer, T. & Petermann, F. (2003). Bullying unter Schülern: Erscheinungsformen, Risikobedingungen und Interventionskonzepte. Göttingen: Hogrefe-Verlag.
  • Slee, P.T. (1995). Peer victimization and its relationship to depression among Australian primary school students. Personality and Individual Differences, 18, 57-62.
  • Smith, P.K. & Sharp, S. (1994). School bullying: Insights and perspectives. London: Routledge.

Publikationen und Vorträge

Durban, A., Krase, A.,Peiffer, V. & Käser, U. (2014). Das Opernprojekt „Die Verwirrungen des Zöglings Törless”. Bildung und Erziehung, 67, 419-432.

Käser, U. & Durban, A. (2015). Die Förderung sozialer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern durch Theaterarbeit: das Törless-Projekt der Literatur-Oper Köln. Research on Steiner Education, 6, 123-132.

Initiative gegen Bullying in der Schule (Hrsg.) (in Vorbereitung). Bullying als Gruppenphänomen. Eine empirische Analyse im Schulformvergleich. Berlin: Logos.

Peiffer, V., Brand, A. & Käser, U. (2013). Bullying-Intervention an Grundschulen (BIG): ein Erfahrungsbericht über eine adaptive Intervention auf Grundlage des No Blame Approachs. Präsentation auf der Tagung der Sektion Empirische Bildungsforschung der DGfE, Dortmund, 26. September 2013.

Käser, U., Peiffer, V. & Brand, A. (2013). Soziales Miteinander im Klassenverband: Bullying als Gruppenphänomen. Präsentation auf der Tagung der Sektion Empirische Bildungsforschung der DGfE, Dortmund, 26. September 2013.

Käser, U. (2014). Die diagnostische Kompetenz von Lehrkräften bei Bullying-Prozessen im Klassenverband. Vortrag auf der 11. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie, 25. April 2014, Wien.

Käser, U. & Durban, A. (2015). Die Förderung sozialer Kompetenz von Schülerinnen und Schülern durch Theaterarbeit: das Törless-Projekt der Literatur-Oper Köln. Vortrag auf dem 3. ENASTE-Kongress „Transformations. Bildung in einer sich wandelnden Welt”, 15. Mai 2015, Wien.

Klein, R.-K., Dahlmanns, F., Leesemann, K. & Käser, U. (2015). Prävalenz und Stabilität von Bullying. Vortrag auf der 15. Fachgruppentagung Pädagogische Psychologie, 15. September 2015, Kassel.

Dahlmanns, F., Klein, R.-K. Käser, U. (2015). Bullying und Freundschaftsnetze.Präsentation auf der 80. Tagung der Arbeitsgruppe für empirische Pädagogik, 22. September 2015, Göttingen.

Klein, R.-K., Dahlmanns, F., Leesemann, K. & Käser, U.(2015). Wie stabil ist das Bullying-Verhalten von Schülerinnen und Schülern. Präsentation auf der 80. Tagung der Arbeitsgruppe für empirische Pädagogik, 22. September 2015, Göttingen.

Klein, R.-K., Dahlmanns, F. & Käser, U. (2016). Die Rolle leistungsstarker und leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler im Bullying-Prozess. Vortrag auf der 4. Tagung der Gesellschaft für empirische Bildungsforschung „Erwartungswidriger Bildungserfolg über die Lebensspanne“, Berlin, 9. März 2016.

Klein, R.-K. & Käser, U. (2016). Was beeinflusst die Stabilität von Bullying? Präsentation auf der 12. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie, Innsbruck, 1. April 2016.

Dahlmanns, F., Klein, R.-K. & Käser, U. (2016). Bullying und Freundschaftsnetze. Vortrag auf der 50. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Leipzig, 22. September 2016.

Projekte

Aktuell bringen wir uns in drei Projekten zu Bullying in der Schule ein. Zum einen setzen wir an Bonner Grundschulen das Programm BIG (Bullying-Intervention an Grundschulen) um und entwickeln es weiter. Zum anderen kooperieren wir mit der Literatur-Oper Köln und bieten eine psychologische Betreuung für die dortigen theaterpädagogischen Projekte. Drittens realisieren wird Untersuchungen im Rahmen des COST-Projekts der EU "Transnational Collaboration on Bullying, Migration and Integration at School Level", in denen wir uns mit den Auswirkungen der Pandemie auf das soziale Miteinander in Schulen beschäftigen.


Die Bullying-Intervention an Grundschulen (BIG) – erste Erfahrungen

In Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern Bonner Grundschulen ist die „Bullying-Intervention an Grundschulen“ (BIG) entstanden. In Deutschland gibt es bisher nur wenige gut evaluierte Interventionsprogramme gegen Bullying und kein Konzept, das sich speziell an Grundschüler wendet. Mit BIG soll diese Lücke gefüllt werden. Bei BIG handelt es sich um ein Interventionsprogramm, das auf eine schnelle Verbesserung der Situation für alle Beteiligten abzielt. Bullying-Verhalten soll reduziert sowie die Schul- und Klassensituation insbesondere für die Opfer von Schikaneverhalten verbessert werden. Des Weiteren wird beabsichtigt, die Klassengemeinschaft und das soziale Gespür der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Die Kinder sollen Empathie für schwächere Mitschüler entwickeln und isolierte Kinder sollen in die Klassengemeinschaft eingebunden werden. Hierbei basiert das Programm auf dem No Blame Approach, einem Konzept, das gute Erfolge erzielt hat und im Schulalltag leicht umsetzbar ist. Das Konzept wurde adaptiert und es wurden zusätzliche Elemente eingeführt, um das junge Alter der Kinder zu berücksichtigen.

Im Detail basiert BIG auf einer Kombination aus Interviews mit den Lehrpersonen, Gesprächsrunden mit den Schülerinnen und Schülern sowie altersgerechten Schülerfragebögen zur Rollenhäufigkeit in der Schulklasse. Auf dieser Grundlage werden Gespräche mit den Betroffenen geführt und Unterstützergruppen initiiert, die regelmäßig Rückmeldungen erhalten. Weiterhin erfolgen anhand von Soziogrammen, die für die Klasse entwickelt werden, Besprechungen mit der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer über die Situation in der Klasse und es wird ein Selbstbehauptungstraining mit den Kindern durchgeführt.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Programm sind positiv: Es zeigte sich nicht nur eine Reduktion der Anzahl von Bullying-Fällen, sondern ebenfalls traten nach dem Training mehr Kinder als Verteidiger auf und setzten sich für ihre Mitschüler ein. Auch die Rückmeldungen der Klassenlehrerinnen deuten auf eine höhere Fairness und soziale Kompetenz unter den Kindern hin. Auch die Kinder berichteten von einem besseren Umgang und einer entspannten Atmosphäre in der Klasse.


Erfahrungsbericht über das Törleß-Projekt der Literaturoper Köln an der Montessori Hauptschule in Köln-Bickendorf

Plakat ToerlessLiteratur-Oper Köln ist eine Projektgruppe der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, die seit dem Jahr 2008 unter der Leitung von Andreas Durban und Henrik Albrecht verschiedene Produktionen verwirklicht hat. In den Inszenierungen können Studierende der Musikhochschule neben ihren gesanglichen auch ihre schauspielerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Bestandteil der Konzeption ist, dass die Aufführungen an unkonventionellen, thematisch an die jeweilige Produktion gebundenen Orten stattfinden.

Das Projekt „Törleß“ ist eine Kooperation der Literatur-Oper Köln mit einer siebten Klasse der städtischen Montessori Hauptschule in Köln-Bickendorf. Eine bereits vorhandene Inszenierung des Werks „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Robert Musil sollte von Schülerinnen und Schülern ergänzt werden, um die in dem Stück vorhandenen Klassenszenen realistischer darzustellen. In Workshops, die über acht Wochen lang an jeweils zwei Tagen stattfanden, wurden die Jugendlichen in die Produktion einbezogen. Zusätzlich sollte das Thema des Buches, nämlich die Gewalt zwischen Schülern, aufgegriffen werden. So wurden unter dem Motto „Miteinander - Gegeneinander“ eigene Erfahrungen besprochen und aufgearbeitet. Als Abschluss des Projekts fanden zwei Vorstellungen mit allen Schülerinnen und Schülern sowie den Darstellern der Musikhochschule in der Turnhalle der Montessori Hauptschule statt.

Die psychologische Betreuung durch Anne Brand und Vera Peiffer umfasste im Wesentlichen die Aufarbeitung und Reflexion konkreter, eigener Erfahrung mit dem Thema „Bullying“ in der Schule. Da Musils Roman diese Thematik aufgreift, wurden mit den Schülerinnen und Schülern eigene Szenen erarbeitet und in das Stück integriert, die die Erfahrungen der Jugendlichen im Schulalltag darstellen. Des Weiteren war die Entwicklung von Alternativen für den Umgang mit und das Handeln in Bullying-Situationen zentral. Den Schülerinnen und Schülern wurden konkrete Handlungsoptionen aufgezeigt und im Rahmen der szenischen Arbeit einstudiert. Hierbei war es besonders wichtig, den Zusammenhang zwischen den entwickelten Szenen und dem eigenen Miteinander in der Schule herzustellen, so dass die Schülerinnen und Schüler auf diese Alternativen in Zukunft zurückgreifen können sowie Bullying eher vermeiden oder zumindest abschwächen können.

Ein weiterer Bestandteil der psychologischen Betreuung umfasste die Sensibilisierung für Bullying. Die Schüler wurden instruiert, verschiedene Perspektiven in Schikanesituationen einzunehmen und über ihre Gefühle dabei zu berichten. Ziel dieser Übungen war es, das Empathievermögen der Schüler zu stärken.

Schließlich wurde ein Bullying-Tagebuch eingeführt, um das aktuelle Konfliktverhalten in der Klasse zu erfassen und sichtbar zu machen, das täglich von den Schülerinnen und Schülern ausgefüllt wurde. Anhand der Auswertung dieses Tagebuches konnten konkrete Täter-Opfer-Situationen ausgemacht und eine Intervention im Sinne des „No-blame-approaches“ durchgeführt werden. Hierzu wurde nach einem Einzelgespräch mit einem Schüler, der tatsächlich von Bullying betroffen war, eine Unterstützergruppe aus Schülerinnen und Schülern der Klasse gebildet, die in der Klasse verschiedene Rollen einnahmen. Ihre Aufgabe war es, dem Opfer vermehrt zur Seite zu stehen und in Bullying-Situationen verteidigend einzugreifen. Dabei wurde im Sinne des lösungsorientierten Vorgehens des „No-blame-approaches“ vollständig auf etwaige Schuldzuweisungen verzichtet. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Schülern während der Theaterproben war es hierbei möglich, das Verhalten der Jugendlichen vor und während der Intervention zu beobachten, so dass Fortschritte und problematische Situationen direkt besprochen werden konnten.

Interview-Studie zur Veränderung der Lern- und Lehrbedingungen in der COVID-19-Pandemie

Liebe LeserInnen,

wir freuen uns, dass Sie sich für unsere Interviewstudie interessieren!

Die COVID-19-Pandemie hat für zahlreiche Veränderungen in unserem Alltag gesorgt. Betroffen sind davon auch die Schulen, Schülerinnen und Schüler genauso wie Lehrerinnen und Lehrer. Die Zeit der Pandemie ist hierbei in der Schule geprägt von kurzfristiger Umstellung auf Distanzunterricht, Wechselmodellen, halb gefüllten Klassenräumen, Unterrichtsgesprächen mit Maske, Schnelltests vor dem Unterricht und vielem anderen mehr.

Lehrerinnen und Lehrer mussten sich hierbei auf viele neue Situationen einstellen, neue Lehrmethoden entwickeln, digitaler werden und dabei möglichst alle Schülerinnen und Schüler mitnehmen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir uns: Wie haben Sie es geschafft, diese großen Herausforderungen zu bewältigen? Was hat sich seit März 2020 in den (virtuellen) Klassenzimmern verändert?

Mit dieser Interviewstudie möchten wir die Erfahrungen, die Lehrerkräfte mit Schule während der COVID-19-Pandemie gemacht haben, erfassen. Der Fokus liegt auf dem persönlichen Erleben und dem Umgang mit den veränderten Bedingungen.

Die Studie wird im Rahmen des EU-weiten COST-Projekts Transnational Collaboration on Bullying, Migration and Integration at School Level durchgeführt und findet parallel in verschiedenen europäischen Ländern statt. Für die Umsetzung durch die Universität Bonn ist PD Dr. Udo Käser zuständig.

Das Interview wird etwa 45 bis 60 Minuten dauern und über das Videokonferenztool Zoom geführt werden. Zoom können Sie entweder direkt im Browser, in der Desktopanwendung oder per Handy-App nutzen. Eine Registrierung ist nicht erforderlich.

Um eine angenehmere Gesprächsatmosphäre zu schaffen und das Gespräch nicht durch Mitschriften in die Länge zu ziehen, werden wir das Interview, mit Ihrer Erlaubnis, aufzeichnen. Nur die Mitarbeiter im Forschungsprojekt an der Universität Bonn werden Zugriff auf die Aufzeichnung haben und diese nach der Transkription löschen. Bei dem später verwendeten Transkript werden Ihre Angaben insofern angepasst, als dass keine Rückschlüsse mehr auf Ihre Person oder Ihre Schule möglich sind.

Wenn Sie Interesse haben, uns bei unserer Forschung zu unterstützen, mehr über unsere Studie erfahren möchten oder noch Fragen haben, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an bullying@uni-bonn.de (sehr gerne bereits mit einem Terminvorschlag). Interviews werden auch abends und am Wochenende möglich sein.

Wir freuen uns, bald von Ihnen zu hören!

Udo Käser
Barbara Drees
Jacqueline Richter
Elisa Kruse

Danke!

Team

PD Dr. Udo Käser arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologie und am Bonner Zentrum für Lehrerbildung (BZL). Er betreut verschiedene Projekte zur Förderung von Kindern an Bonner Vor-, Grund- und weiterführenden Schulen und hat mehrere Jahre als Mathematiklehrer am CJD Königswinter gearbeitet.

Rhea-Katharina Klein, M.Sc., ist akademische Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd in der Abteilung Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie. Sie beschäftigt sich vor allem mit Fragen der Stabilität von Bullying-Prozessen.

Fiona Dahlmanns, B.Sc., studiert Psychologie an der Universität Bonn und untersucht in ihrer Masterarbeit die Bedeutung von Freundschaftsnetzwerken in Zusammenhang mit Bullying.

Andreas Durban, B.Sc., studiert Psychologie an der Universität Bonn. Er hat die Literatur-Oper Köln ins Leben gerufen und bildet seit zehn Jahren junge Sängerinnen und Sänger an der Hochschule für Musik und Tanz Köln in ihren schauspielerischen Fähigkeiten aus. Zudem arbeitet er als Schauspieler an Deutschen Bühnen des Sprechtheaters, unter anderem von 1996 bis 2002 am Schauspiel Bonn.

Dipl. Psych. Anika Gruenhagen hat an der Universität Bonn studiert und befindet sich aktuell in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychtherapeutin.

Dipl. Psych. Simone Hermerath hat an der Universität Bonn studiert und sich mit Bullying aus Perspektive der Pädagogischen Psychologie / Klinischen Psychologie auseinander gesetzt. Sie befindet sich aktuell in der Weiterbildung zur psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie).

Anne Krase, M.Sc., hat an der Universität Bonn Psychologie studiert. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Schikaneverhalten von Mädchen, insbesondere an monoedukativen Mädchenschulen. An einer Bonner Grundschule setzte sie ein Interventionsprogramm gegen Bullying um und kooperierte des Weiteren mit dem Törleß-Projekt der Literaturoper Köln. Sie arbeitete als Übungsleiterin einer Hausaufgabenbetreuung und engagiert sich ehrenamtlich als Jugendleiterin und führt Kinderferienfreizeiten durch. Sie befindet sich aktuell in der Weiterbildung zur psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie).

Dipl. Psych. Franziska Palm beschäftigt sich im Rahmen der Initiative gegen Bullying in der Schule schwerpunktmäßig mit Bullying an Hauptschulen. Nach dem Abschluss ihres Studiums verfolgt sie eine Ausbildung zur Verhaltenstherapeutin an der Berliner Fortbildungsakademie.

Vera Peiffer, M.Sc., hat an der Universität Bonn studiert. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Schikaneverhalten insbesondere weiblicher Jugendlicher, vor allem an monoedukativen Mädchenschulen. An einer Bonner Grundschule setzte sie ein Interventionsprogramm gegen Bullying um und kooperierte mit dem Törleß-Projekt der Literaturoper Köln. Sie arbeitete als Übungsleiterin einer Hausaufgabenbetreuung und führte als studentische Hilfskraft Intelligenzdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen durch. Sie befindet sich aktuell in der Weiterbildung zur psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie).

Dipl. Psych. Kerstin Schmidt hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Psychologie studiert und ihr Diplom im Dezember 2011 abgeschlossen. Seit April 2012 arbeitet sie als Psychotherapeutin in Ausbildung im Rahmen des Weiterbildungsstudiengangs Psychotherapie an der Ruhr-Universität Bochum.

Maria Badrinas, M.Sc., beschäftigt sich mit Bullying-Prozessen schwerpunktmäßig aus einer Perspektive der qualitativen empirischen Sozialforschung in Interviewstudien mit dem Ziel einer systemischen Beschreibung des sozialen Miteinanders in Schulklassen. Sie arbeitet im Zentrum für lebenslanges Lernen, dem psychologischen Institut der Kinder- und Jugendheime der Rheinischen Gesellschaft.

Julia Richter, M.Sc., hat an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn studiert und ihren Abschluss mit der Masterarbeit "Einblick von Klassenlehrern in Bullying-Prozesse" erworben. Sie hat eine Weiterbildung zur "Krisenbegleitung für Schwangerschaft, Babys, Kleinstkinder und deren Eltern" abgeschlossen.

Clara Pauline Bamberger, M.Sc., beschäftigt sich im Rahmen der Initiative gegen Bullying in der Schule schwerpunktmäßig mit Bullying an Hauptschulen.

Lena Kümpel, M.Sc., ist Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Sie arbeitete als Psychologische Assistentin am Kinderneurologischen Zentrum in Bonn und arbeitet zur Zeit als Schulpsychologin am CJD Königswinter. Des Weiteren engagiert sie sich ehrenamtlich in der Behindertenhilfe und betreut zwei Eltern-Kind-Turngruppen mit psychomotorischem Schwerpunkt.

Denise Michaely, B.Sc., steht vor dem Abschluss ihres Masterstudiengangs in Psychologie in Bonn und arbeitet im zentralen adhs netz der Uniklinik Köln. Des Weiteren engagiert sie sich neben dem Studium ehrenamtlich am Kinder- und Jugendtelefon des Kinderschutzbundes.

Marie Oehmen, B.Sc., beschäftigt sich im Rahmen der Initiative gegen Bullying in der Schule schwerpunktmäßig mit Bullying an Schulen im sozialen Brennpunkt. Sie steht vor dem Abschluss ihres Masterstudiengangs in Psychologie in Bonn und arbeitet als Assistentin einer familienpsychologischen Gutachterin. Als studentische Hilfskraft im Max Planck Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern ist sie außerdem in der Nachwuchsabteilung tätig, die sich mit psychologischer Entscheidungsforschung befasst.

Hannah Huxholl, B.Sc., steht vor dem Abschluss ihres Masterstudiengangs in Psychologie und arbeitet im Ambulanten Neurologischen Rehabilitationszentrum Bonn in der Abteilung Neuropsychologie. Neben dem Studium leitet sie ehrenamtlich eine Pfadfindergruppe und war dort lange Jahre als Vorstandsmitglied aktiv. Außerdem unterstützt sie die Arbeit der Literatur-Oper Köln.

Helen Weber, M.Sc., arbeitete als Studentische Hilfskraft am Ausbildungsinstitut für Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten (AKiP) an der Uniklinik Köln. Zur Zeit ist sie in der Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin. Des Weiteren engagiert sie sich ehrenamtlich in einem Altersheim.


Helfer und Unterstützer:

Leonie Kloen, B.Sc.; Kerstin Leesemann, B.Sc.; Sophie Lindner; Martina Rahe, B.Sc.; Dorit Reitmeyer, B.Sc.; Elisabeth Schneider, B.Sc.

Kontakt

Initiative gegen Bullying in der Schule

Institut für Psychologie der
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Kaiser-Karl-Ring 9
53111 Bonn

PD Dr. Udo Käser

Fon: +49 228 73-4411
Fax: +49 228 73-4639
Mail: ukaeser@uni-bonn.de